Artikel aktualisiert: 26. April 2011, 09:23 Uhr » zur Übersicht Zella-Mehlis
Isolation angeprangert
Die Bedingungen im Asylbewerberheim Zella-Mehlis sind in der Kritik. Am Ostersonntag gab es hier erneut eine Kundgebung.
* Zur Kundgebung wurde nicht nur die Isolation, sondern auch der Zustand des Heimes in der Industriestraße angeprangert.
Für Bewegungsfreiheit und Bleiberecht demonstrierten am Ostersonntag Asylbewerber vor dem Heim in Zella-Mehlis. Foto: frankphoto.de.
http://www.insuedthueringen.de/lokal/suhl_zellamehlis/zella-mehlis/art8…
Zella-Mehlis - Die Isolation zu brechen, in der die 30 Kinder und 140 Frauen und Männer leben, die im Zella-Mehliser Asylbewerberheim untergebracht sind, sei Ziel dieser Aktion, sagt Araz Ardehali aus Wuppertal. Er und etliche andere Mitglieder des Netzwerkes "The Voice Refugee" und der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge kamen nach ihrer zweitägigen bundesweiten Konferenz in Jena in die Zella-Mehliser Industriestraße, um mit hier lebenden Asylbewerbern Solidarität zu üben.
"Schauen Sie sich um, unser Gebäude ist eingekeilt zwischen Betrieben und dem Wald - wir leben ganz weit entfernt von anderen Menschen am Rande der Gesellschaft", sagt Miloud Lahmar Sherif aus Algerien, der seit zehn Monaten in diesem Heim lebt. Deshalb gehe es mit dieser Kundgebung auch um mehr als um die Lebensbedingungen in dem heruntergekommenen Haus, in dem die Wände schimmeln, auch wenn sie wieder und wieder gestrichen werden. Es gehe um die Abschaffung des Isolationssystems. Mit einem Blick auf das etwa 500 Meter entfernte Ortseingangsschild von Suhl, sagt Miloud, dass es in der Stadt nebenan eine bessere Lösung gebe. "In Suhl sind die Menschen dezentral untergebracht und können besser unterwegs sein als wir. Wir dürfen ja nicht mal nach Suhl", prangert er wie die anderen auch die längst in Kritik geratene Residenzpflicht an. In anderen Ländern wie beispielsweise Brandenburg, sie diese schon abgeschafft, auch wenn noch immer ein Antrag gestellt werden muss, wenn man sich weiter weg entfernen wolle, sagt Araz Ardrhali.
Um in diesem Kampf zusammenstehen zu können, seien etliche Asylbewerber nach Zella-Mehlis gereist, obwohl sie dafür mit Strafen zu rechnen haben. Auch die Ausgabe von Gutscheinen, statt der Gewährung von Bargeld für die Einkäufe wurde erneut angeprangert. Ebenso, dass Asylbewerbern verwehrt wird, einer Arbeit nachzugehen.
Bewegung im Landkreis?
Zentrum der sechsstündigen Kundgebung aber ist die Isolation, die Asylbewerber ausgrenze und traumatisiere, sagt Araz Ardrhali. Manche von ihnen leben schon 12 Jahre in dem Heim. Er, der vor 27 Jahren aus dem Iran nach Deutschland kam, Familie und einen guten Job als Ingenieur in einer namhaften Firma in Wuppertal habe, seit Beispiel dafür, "wie wir uns integrieren können, wenn man uns lässt".
Für die Betreibung des Asylbewerberheim hat sich der Landkreis Schmalkalden-Meiningen bisher einer Firma bedient. Landrat Ralf Luther denkt darüber nach, die Trägerschaft in die Hände des Kreises zu geben. Und auch darüber, in Kürze fünf bis sieben Familien, die schon lange in dem Heim sind, Wohnungen anzubieten (Freies Wort berichtete). Dass sich erst jetzt etwas bewegen soll, begründet Ralf Luther damit, dass bislang weder Probleme noch kritische Hinweise zum Zella-Mehliser Asylbewerberheim an ihn herangetragen wurden.
Die Kundgebung verlief laut Aussagen von Polizei-Beamten ohne besondere Vorkommnisse. Lediglich zu Beginn habe es Gerangel mit dem Wachpersonal gegeben, als Kundgebungsteilnehmer in das Haus wollten, sagt PI-Chef Ulrich Endter. Einerseits sei festgelegt, dass die Kundgebung vor dem Gebäude stattzufinden habe, andererseits sei aber auch das Besuchsrecht der Heimbewohner zu gewährleisten - ein behördliches Spannungsfeld, das fürwahr diplomatisches Geschick braucht.