*/Internationale Kampagne gegen die Diktatur in Togo und anderen Afrikanischen Ländern/*
Hamburg, 17. 01.2006
*an die Öffentlichkeit*
Pressemitteilung
- *Alassane Moussbaous Leben weiterhin unmittelbar gefährdet
- Aufruf zur Protestkundgebung vor der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommerns in Berlin am 19. Januar
- Jeden Tag kommen neue Protestbriefe
- Filmvorführungen und Informationsveranstaltungen sensibilisieren die Öffentlichkeit (nächste in Hamburg 26.01.) *
- *Haft bis zum 1. Mai 2006 verlängert - Landesamt bereitet neuen Abschiebeversuch vor - Massenabschiebung per Charterflug nach Lomé im April*
- *Die Linke.PDS Mecklenburg-Vorpommern richtet Kritik an das Auswärtige Amt und gegen Beschlüsse der Innenministerkonferenz
- Keine Antwort des Innenministeriums auf die Forderung des Petitionsausschusses nach Abschiebeschutz*
Alassane Moussbaou muß weiter um sein Leben fürchten. Nachdem der Pilot der Air France Maschine, mit der der togoische Regimegegner Alassane Moussbaou am 10. Januar von Hamburg aus abgeschoben werden sollte, die
Abschiebung verweigerte, hat das Amtsgericht Güstrow. die Haft bis zum 1. Mai verlängert. Das Gericht unterstellt Herrn Moussbaou "gewalttätige Widerstandshandlungen" um die Haft zu legitimieren. Fakt ist, daß es diese nicht gab. Herr Moussbaou erklärte am Flughafen den begleitenden Polizisten, daß er, wenn der Flug nach Lomé/Togo gehe, nicht einsteigen könne. Er könne nicht nach Togo aufgrund seiner politischen Aktivitäten gegen das Regime. Der Pilot der Air France Maschine entschied, als er dies hörte, die Abschiebung nicht durchzuführen. Die Polizeibeamten kündigten Herrn Moussbaou an, daß er beim nächsten Mal an Händen und Füssen gefesselt deportiert werde. Der ihm vorgeworfene Widerstand bei seiner Festnahme in der Ausländerbehörde am 02. Dezember 2006 war eine Selbstschutzhandlung gegen den hinterhältigen Angriffs eines Behördenmitarbeiters. Herr Moussbaou war zu diesem Zeitpunkt in der Diskussion mit zwei Polizisten, die gerufen worden waren, um ihn in Abschiebehaft zu nehmen. Er bestand auf seinem Recht, seine Anwältin
anzurufen und über die Festnahme zu informieren. In diesem Moment sprang ihn der Sachbearbeiter von hinten an und begann ihn zu würgen. Um nicht zu ersticken, versuchte Herr Moussbaou sich zu befreien. Die Inhaftierung und die Fortsetzung der Haft sind unrechtmäßig. Herr Moussabou ist selbst bei der Behörde im Dezember erschienen. Somit ist
die Behauptung, er wolle sich seiner Abschiebung entziehen, unhaltbar.
Gewaltätigkeit ist dem Sachbearbeiter vorzuwerfen, der hinterücks Menschen in den Würgegriff nimmt. Eine Abschiebung nach Togo hat schwere Konsequenzen für den politischen Aktivisten aus Togo.
Die togoischen Sicherheitskräfte überprüfen genaustens die Hintergründe "zurückgeführter" Asylsuchender. Die Polizisten am Flughafen, seien sie naiv oder listig, schlugen Herrn Moussbaou vor, sie würden den togoischen Sicherheitskräften sagen, daß er nur "illegal" in Deutschland gewesen wäre.
Das Landesamt hat inzwischen mitgeteilt, daß sie "in zeitlicher Nähe" eine erneute Abschiebung planen werden. Für Ende April ist eine Sammeldeportation per Charterflug vorbereitet. Über 300 Diktaturflüchtlinge will Mecklenburg-Vorpommern in nächster Zeit nach Togo abschieben.
Erneut sind hunderte Protestbriefe unterschrieben worden. Auf Informationsveranstaltungen mit Vertretern der "Internationalen Kampagne gegen die Diktatur in Togo und anderen Afrikanischen Ländern" und Filmdokumentationen über die Eyadema-Dynastie wird die Öffentlichkeit über die brutale Herrschaft des RPT-Regimes in Togo und über die
Kollaboration deutscher Behörden informiert.
Die "Plataforma der MigrantInnen und Flüchtlinge -Berlin" ruft am 19. Januar zur Protestkundgebung vor die Berliner Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommerns. "Keine Auslieferung von Alassane Moussbaou an die Diktatur in Togo" Treffpunkt Potsdamer Platz, Ecke Leipzigerstr. / Erbertstr. 12°° Uhr
Der Petitionsausschuß des Landtags Mecklenburg-Vorpommerns hat immer noch keine Antwort des Innenministers Gottfried Timm auf sein Ersuchen nach einer vorläufigen Aussetzung der Abschiebung. Der Petitionsauschuß hatte einstimmig Handlungsbedarf erkannt und will eine Sachverständigenanhörung bezüglich des Falls von Herrn Moussbaou und bezüglich der aktuellen Situation in Togo durchführen. Der Landesverband der Bündnis90/die Grünen hat sich unter dem Titel "Wer Regimegegner nach Togo abschiebt, gibt der Folter Futter" gegen Abschiebungen nach Togo und für den Abschiebeschutz Herrn Moussbaous ausgesprochen. Der Europaabgeordnete Tobias Pflüger hatte bereits vor zwei Wochen die
Freilassung Herrn Moussbaous gefordert.
Der Landesvorsitzende der Linkspartei/PDS in Mecklenburg-Vorpommern, Peter Ritter, verlangt in einem Schreiben (attached) vom 14.01. an den deutschen Außenminister, den Lagebericht zu Togo entsprechend der realen
Situation im Land zu korrigieren. Berichte des UNHCR, das im Fall von Herrn Moussbaou eine neue Überprüfung des gesamten Verfahrens dringend angeraten hat, und Berichte der Togoischen Menschenrechtsliga, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und des ehemaligen Landtagspräsidenten aus Schwerin, Hinrich Küssner, zeigen den "Charakter des Menschenrechte negierenden diktatorischen Regimes in Togo". Der Landesvorsitzende Ritter schreibt, daß bis zur Innenministerkonferenz (IMK) im letzten Jahr von Mecklenburg aus nicht nach Togo abgeschoben wurde. Seit dem
Beschluß der IMK selbst Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt verstärkt und schneller abzuschieben, habe sich dies geändert. (Hier muß korrigiert werden. Es hat auch vorher einzelne Abschiebungen auch aus Mecklenburg-Vorpommern nach Togo gegeben, allerdings nicht in dem Ausmaß.)
Es tritt immer deutlicher hervor, was die "Internationale Kampagne" seit langem den deutschen Behörden und den politisch Verantwortlichen vorhält. Es besteht der unbedingte Wille zur Abschiebung schutzbedürftiger Flüchtlinge. Verfolgungshintergründe werden negiert und die Ländersituation verharmlost. Die Menschenrechtsverletzungen in Togo werden durch die Menschenrechtsverletzungen (Verweigerung des Flüchtlingsschutzes, Abschiebehaft und Abschiebung) in Deutschland
ergänzt. Die Diktaturflüchtlinge aus Togo sind durch das RPT-Regime und
durch die deutschen Behörden in die Zange genommen. Der Sprecher der
"Internationalen Kampagne" erklärte auf einer öffentlichen Versammlung,
daß viele der Abgeschobenen sofort wieder aus Togo meist in die
Nachbarländer Benin oder Ghana fliehen. Wenn das Auswärtige Amt behauptet, daß Abgeschobenen nichts passieren würde, dann sollten sie nach Togo gehen und die Abgeschobenen suchen. Sie werden sie nicht finden, weil sie wegen des Terrors des Regimes und seiner Milizen, das Land wieder verlassen haben und im Exil sind. Es gibt auch die, von denen nach der Abschiebung kein Lebenszeichen mehr zuhören war.
Wir werden weiterhin entschlossen für die Freilassung und den Abschiebeschutz Alassane Moussbaous kämpfen sowie gegen die Praxis der Abschiebungen in diktatorische Regime.
Wir fordern die Behörden sowie die politischen Entscheidungsträger auf Landes- wie auf Bundesebene die Menschenrechtsverletzungen an Schutzbedürftigen zu stoppen.
"Internationale Kampagne"
C/o Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen - Hamburg
Brigittenstrasse 5, 20359 Hamburg ; Tel: +49-(0)40-43 18 90 37; Fax:
+49-(0)40-43 18 90 38; mail: free2move@nadir.org
weitere Informationen: www.thecaravan.org
Abdou Gafar Tchedre: 0174-149 72 80; Ralf S. Lourenco: 0174-150 84 57
Im Anhang dokumentieren wir Auszüge aus einem Bericht des Oldenburger
Stachels (Ausg. 2 / 98), der die Kontinuität der Mißachtung des
Asylrechts und den tödlichen Anmaßungen über das Leben Anderer aus
sicherem Sessel zu entscheiden, verdeutlicht:
Abschiebung: Ein Lotteriespiel mit dem Tod
"Ich werde in meinem Heimatland gesucht, mir droht Gefängnis, weil ich
zum Boykott der Präsidentenwahlen 1993 aufgerufen habe," befürchtet
Samahouna Youssaou. Dies hat der 36jährige Togoer auch bei seiner
Anhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
und bei dem Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht in Oldenburg
vorgebracht. Genützt hat es nichts - der Asylantrag des bei Vechta
lebenden Westafrikaners wurde vom Verwaltungsgericht in Oldenburg abgelehnt.
Youssaou arbeitete zusammen mit seinem Onkel Ali Akondo für die
oppositionelle, inzwischen unregelmäßig aus dem Untergrund erscheinende
Zeitung "La Lettre de Tchaoudjo". Er floh im Dezember 1993, nachdem sein
Onkel verhaftet worden war. ...
"Eyadéma wird die Macht niemals freiwillig abgeben", prognostiziert der
Buchautor und Oppositionspolitiker Andoch Notepe Bonin, bei seinem
Vortrag im Kulturzentrum PFL am 24. Januar. ... "Eyadéma ist ... eine
Marionette der Franzosen", so die Bilanz des Sprach- und
Literaturwissenschaftlers. Das Militär und die Bestechung seien seine
beiden Machtinstrumente. Er bereichere sich an den Staatsgeldern und
kaufe die Leute, die er auf seine Seite ziehen will. "...
"Eine freie Presse existiert zumindest in weiten Teilen der Zentral- und
Nordregion Togos nicht, weil ihre Verbreitung lebensgefährliche Folgen
haben kann." Ein Zitat aus dem im Dezember erschienen Länderbericht des
Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ). Klare Worte spricht das Ministerium, das seit 1993 sämtliche
Entwicklungsprojekte in Togo wegen der katastrophalen
Menschenrechtssituation auf Eis gelegt hat, auch über die Situation von
Flüchtlingen: "Trotz des Amnestiegesetzes ist die Rückkehr der
prominenten sowie der unbekannteren politisch Aktiven ausgeschlossen
bzw. nicht ratsam." Der äußere Anschein einer verbesserten Lage in dem
westafrikanischen Land käme dadurch zustande, daß "die
Menschenrechtsverletzungen in dem vor allem von Ausländern weniger
beobachteten Landesinneren begangen werden, und die Opfer zudem weniger
prominent als in der Vergangenheit sind."
Einige Oberverwaltungsgerichte (OVG) schließen sich der Meinung an, daß
abgeschobenen Togoern große Gefahr droht. Dazu gehören das OVG Saarland,
Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Genau die gegenteilige
Meinung vertreten jedoch die OVG in Bayern, Niedersachsen,
Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Letztere beziehen sich auf
Veröffentlichungen des Auswärtigen Amtes. Darin heißt es: Das
Eyadéma-Regime würde einzelne, politisch aktive Oppositionelle verbal
einschüchtern, bedrohen, schlagen, von ihrem Wohnsitz vertreiben,
foltern, ermorden oder auf grausame Weise hinrichten. Doch trotzdem
stuft das Auswärtige Amt die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung von
aktiven Anhängern der nichtextremistischen gewaltlosen Opposition gering
ein. Und so wird auch der Asylantrag von Youssaou vom Oldenburger
Verwaltungsgericht mit der Begründung abgelehnt, es bestehe "keine
beachtliche Wahrscheinlichkeit für politische Verfolgung".
Asylgesetzgebung wird hier zum Lotteriespiel, bei dem Gefängnis, Folter
und Tod als Trefferquoten mit geringer Wahrscheinlichkeit gelten.
"Sie wollten unseren Tod"
Wen es allerdings bei diesem gefährlichen Lotteriespiel trifft, den
trifft es hart - wie der Fall Comla Gbati Nadjombe zeigt. Bei seiner
Abschiebung am 12. Januar 1994 wurde der Togoer nach Angaben der "Aktion
Abschiebestop" in Begleitung eines deutschen Polizisten im Flughafen der
Hauptstadt Lomé direkt dem Militär übergeben. 19 Monate lange wurde er
in Gefängnissen festgehalten, gefoltert und zu harter Arbeit gezwungen,
bis er mit Hilfe eines Polizisten erneut nach Deutschland fliehen
konnte. "Wir mußten auf den Feldern der reichen Barone von morgens bis
in die Nacht arbeiten. In der Nacht wurden Lampen an Ketten um unseren
Hals gehängt, und sie peitschten uns von hinten aus, wenn man vor
Erschöpfung die Arbeit unterbrach. Einmal am Tag gab es Essen",
berichtete Nadjombe bei einer Pressekonferenz am 27. November in
München. "Sie wollten unseren Tod", denn Asylbewerber gelten als
Landesverräter. Eyadéma macht sie in der Regierungserklärung in der
regimetreuen Tageszeitung "Togo-Presse" am 3. November dafür
verantwortlich, daß Deutschland die Entwicklungszusammenarbeit gestoppt
hat: "Das Phänomen, das in den letzten sieben Jahren am meisten dazu
beigetragen hat, den Beziehungen zwischen Togo und Deutschland einen
sehr negativen Stempel aufzudrücken, sind die ?togoischen politischen
Flüchtlinge in Deutschland?.
Verfahrensfehler oder Befangenheit?
Daß die togoischen Flüchtlinge lügen, wirft ihnen auch das
Verwaltungsgericht in Oldenburg vor und glaubt die Fluchtgründe nicht.
"Trotz neuer Beweise bei den Eilanträgen für meine Mandanten Samahouna
Youssaou und Sewa Wilson hat der Verwaltungsrichter sein altes Urteil
zitiert", ärgert sich Barbara Ginsberg. Deshalb stellte die
Rechtsanwältin einen Befangenheitsantrag, um zu erreichen, daß ein
anderer Richter mit den Fällen beauftragt wird. Vergeblich! Ihr Antrag
wurde von der 1. Kammer des Verwaltungsgerichtes abgelehnt.
Auch Rechtsanwalt Gerhard Gené aus Bremen ist nicht gut auf das
Oldenburger Verwaltungsgericht zu sprechen. Er wirft dem für Togo
zuständigen Richter einen "eklatanten Verstoß" gegen die
Verwaltungsgerichtsordnung vor. Der Rechtsanwalt stellte einen Antrag
auf Verschiebung der mündlichen Verhandlung, da ihm die Akte seines
Klienten Mohamed Ali nicht vorlag. Ein ganz normaler Vorgang, meint
Gené, auf den das Gericht normalerweise eingehen müßte. Der Richter
lehnte den Antrag jedoch ab und wird nun sein Urteil ohne Anhörung des
Flüchtlings schreiben.
Dies ist kein Einzelfall: In Bremen wurde die Rechtsanwältin Renate
Blöhbaum gar nicht erst zur mündlichen Verhandlung ihres Mandanten Issah
M. eingeladen. Wie die TAZ Bremen berichtete, wurde der Asylantrag des
30jährigen Togoers in seiner Abwesenheit abgelehnt und Issah M. bereits
am 8. Januar nach Togo abgeschoben. Dort kam er zwei Tage in Haft. Seit
er ins Landesinnere weiterreisen konnte, fehlt jegliches Lebenszeichen
(siehe TAZ Bremen vom 10/11. und 17/18. Januar)...